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Arme Leute

Autor
Vollmann, William T.

Arme Leute

Untertitel
Reportagen. Aus dem Amerikanischen von Robin Detje. Mit Fotografien des Autors
Beschreibung

Der für seine scharfe Zunge bekannte Autor William T. Vollmann hat zwischen 1979 und 2005 zahlreiche Länder besucht und den Leuten dort – meist völlig spontan – die immergleiche Frage gestellt: “Warum bist du arm?”

Wortgewandt beschreibt Vollmann eine ungeschönte Realität, die gleich vor unserer Haustür stattfindet.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Suhrkamp Verlag, 2018
Seiten
448
Format
Kart.
ISBN/EAN
978-3-518-07361-2
Preis
22,00 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

William T. Vollmann, geboren 1959 in Los Angeles, Autor zahlreicher Romane, Erzählbände und Sachbücher, mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Whiting Award; regelmäßige Veröffentlichungen in The New Yorker, New York Times Magazine, Esquire, Wall Street Journal u.a. Der Autor lebt in Kalifornien.

Zum Buch:

“Warum bist du arm?”
“Das weiß ich auch nicht. Vielleicht haben wir irgendwann etwas falsch gemacht.”

Ob in Thailand, Kenia, Japan, Frankreich, Russland, Pakistan oder Mexiko: Der US-amerikanische Autor William T. Vollmann hat sich auf seinen zahlreichen Reisen bewusst in jene Gegenden begeben, die von Armut geprägt waren, um dort den Menschen immer wieder diese eine Frage zu stellen. Die Antworten waren so unterschiedlich wie die Situationen der Befragten selbst. Einer meinte, er habe nicht genug Essen im Bauch, um darüber nachzudenken. Ein anderer meinte, er sei deshalb arm, weil er nun mal keine Arbeit habe. Einer gab zur Antwort, es sei ganz einfach Schicksal, da könne man gar nichts machen. Auf ähnliche Weise äußerte sich jemand, der sagte, die Reichen würden schon dafür sorgen, dass Leute wie er immer arm blieben, und wieder ein anderer meinte, er sei doch gar nicht arm, immerhin trage er Gummischlappen an den Füßen.

Doch Vollmann drängte die Leute, mehr über ihr Leben preiszugeben, in den meisten Fällen mittels einer Dolmetscherin. Die meisten, mit denen er sprach, hausten in Elendshütten oder in aufgeweichten Pappkartons unter Brücken, lebten von der Hand in den Mund, von Prostitution, waren Tagelöhner oder Bettler. Auf die Frage, ob sie den Zeitpunkt und die Umstände genauer benennen könnten, als ihr Leben auf die schiefe Bahn geraten war, erwiderten die meisten Menschen, das könnten sie nicht genau sagen, es sei einfach geschehen. Andere wiederum gaben an, Verlust der Arbeit, Krankheit oder Alkohol seien ausschlaggebend gewesen.

Wenige waren von der Hoffnung auf ein besseres Leben geprägt. Der größte Teil war der Ansicht, es lohne sich nicht, weiter zu kämpfen, sie hätten bereits verloren und würden auch ein nächstes Mal wieder alles verlieren. Arm zu sein, so der Tenor, das bedeute, sich in sein Schicksal zu fügen.

William T. Vollmann hat jedoch in seinem Reportageband nicht nur jene zu Wort kommen lassen, die sich vom Leben betrogen fühlen, er beschreibt auch seine ganz persönlichen Ängste, seinen Ekel, seine Freude und Hoffnung in Gegenwart der Menschen, denen er auf seinen Reisen begegnet ist. Das macht das Erzählte umso eindringlicher, sodass man nicht umhin kommt, beim Anblick des nächsten Bettlers, dem man auf dem Weg zur Arbeit oder ins Kino begegnet, zumindest im Kopf die gleiche Frage zu formulieren: “Warum bist du arm?”

Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln